Jetzt oder nie: Benedikt baut sich Skier

Jetzt oder nie: Benedikt baut sich Skier

Die alten Slalomski haben ihre besten Tage hinter sich. Aber diese bunten Plastikdinger sind auch nicht das, was unser Autor will. Also baut er die neuen eben selbst.

Samstagmorgen, acht Uhr, im verschlafenen kleinen Dorf Farchant nahe der Zugspitze. Ich betrete eine Werkstatt, eine alte Schreinerei, es riecht nach Holzspänen. Überall stehen, hängen und liegen Skier, sogar unter der Decke.

Skier selbst bauen? Ich bin handwerklich schon begabt, aber ein Schreiner bin ich nicht. Und schon gar kein Skibauer. Aber meine alten Skier, die mich unzählige Hänge runtergebracht haben, sind durch, und welche aus Plastik will ich nicht. Es bleibt mir nur die Flucht nach vorn. Eine durch und durch logische Schlussfolgerung. Jetzt müssen nur noch Taten folgen.

Ich habe mich hier bei Axel Forelle zum Kurs angemeldet. Das Skibauen hat er sich selbst beigebracht. Mittlerweile hat er viele Jahre Erfahrung darin. »Was gibt es denn Schöneres, als sich seinen Ski selbst zu bauen?«, findet Axel. »Vor allem: Es will doch jeder einen Ski, der genau auf die eigenen Bedürfnisse ausgerichtet ist.« Ja, hier bin ich richtig. Bevor ich ins Träumen gerate, holt mich Axel zurück auf den Boden. Er drückt mir eine Werkzeugkiste in die Hand. Keine Zeit verlieren, wir haben viel vor.

Es will doch jeder einen Ski, der genau auf seine eigenen Bedürfnisse ausgerichtet ist.

Axel Forelle

1. Lauffläche vorbereiten

Die ersten handwerklichen Schritte sind gleich knifflig. Damit meine Skier perfekt gleiten, bekommen sie einen Belag aus Graphit. Wie bei den Rennskiern der Profis. Der ist auch besonders robust. Der vorgeschnittene Belagrohling muss in Form gebracht und geschliffen werden, damit keine Splitter oder Auffaserungen übrig bleiben. Danach wird die Metallkante angelegt und in Form gebogen. Als sie perfekt am Rohling anliegt, kann ich sie ankleben. Das Zeug zieht schnell ein, ich muss also rasch arbeiten. Und präzise. Aber mit etwas Hilfe sitzt meine Kante dann auf den Millimeter genau da, wo sie soll. Ein erster Erfolg.

Benedikt Auer schleift den Belag aus Graphit ab + Benedikt Auer bringt die Metallkante an und bringt sie in Form

2. Deckfläche und Holzrohling

Ich bin kein Fan von Schnickschnack: Meine Skier sollen schlicht werden. Einfach Holz. Für die Deckfläche schneide ich deshalb ein schön gemasertes Nussbaumfurnier mit Winkel und Teppichmesser auf die Länge der Skier zu. Den Holzrohling für den Kern hat Axel mit einer eigens hierfür entwickelten Hobelmaschine schon in die richtige Form gebracht. Er ist aus Eschenholz. Das ist stabil, dank seiner langen Fasern. Aber es soll noch stabiler werden. Weil meine Skier auch 90 Sachen auf der Piste aushalten sollen. Also schneide ich zwei Lagen Glasfaser auf die gleiche Länge wie den Kern zu, um ihn später damit zu verstärken.

Benedikt Auer hat die Nussbaumplatte für seine Skier ausgesucht + Benedikt Auer zeichnet die Umrisse für seine Skier

3. Form festlegen und vorspannen

Jetzt ist Fachsimpeln angesagt: Wie schnell will ich sein, und was müssen die Skier können? Das ist wichtig für die Form und die Vorspannung, also die Wölbung der Skier. Die Vorspannung entscheidet über die Druckverteilung auf dem Ski, somit auch über die Geschwindigkeit. Und ich will viel Geschwindigkeit. Also schiebe ich Holzleisten unter die Unterlage, bis der richtige Winkel für Form und Vorspannung gefunden ist. Hier muss ich präzise arbeiten: Bin ich ungenau, kann ich Probleme beim Geradeausfahren bekommen. Schliesslich verspanne ich die Unterlage mit dem Holzblock.

Benedikt Auer schiebt Holzleisten unter die Skier + Benedikt Auer spannt die Skier

4. Schichtarbeit

Jetzt werden alle vorbereiteten Teile, darunter Glasfaser und Holzkern, miteinander verbunden. Laminiert, mit Epoxidharz. Schicht für Schicht. Das Harz fängt schon nach kurzer Zeit an auszuhärten. Es muss also schnell gehen. Mit einer kleinen Rolle streiche ich die Laufflächen ein. Darauf kommt die erste Schicht Glasfasern. Es folgt der Holzkern, noch eine Schicht Glasfasern, dann das Holzfurnier.

Damit die Skier optimal in die Form gepresst werden, kommt das Ganze jetzt in einen Vakuumsack. Die Luft und überschüssiges Harz werden damit abgesaugt. Das Vakuum entwickelt einen Druck von mehreren Tonnen auf das Holz-Harz-Sandwich. Und presst alles in die gewünschte Form. Zum Aushärten geht es bei rund 60° C über Nacht in den Ofen.

Benedikt Auer laminiert die Skier mit Epoxidharz + Benedikt Auer laminiert die Skier mit Epoxidharz

5. Finaler Feinschliff

Am nächsten Morgen ist es bitterkalt, und der Nebel hüllt noch die benachbarte Zugspitze ein. Wir öffnen den Ofen. Ein toller Moment. Ich entferne den Vakuumsack und sehe zum ersten Mal mein Werk. Aber noch sieht es eher aus wie ein Snowboard. Alle Teile wurden im Block zusammengeleimt, damit sie gleichmässig verklebt werden. Anhand der Sägekante der Laufflächen kann ich jetzt aussägen. Mit der Stichsäge wird das überschüssige Epoxidharz entfernt. Bis auf Feinarbeiten haben die Skier nun ihre endgültige Form: Länge, Breite, Vorspannung und Metallkanten – alles so, wie ich es wollte.

Benedikt Auer entfernt den Vakuumsack von seinen Skiern

Die Kanten werden am Bandschleifer geschliffen, die Oberfläche mit der Hand. Zum Schluss trage ich noch eine Schicht Klarlack auf, zum Schutz. Jetzt glänzt der Ski. Ich bin stolz wie Oskar. Und kann es kaum erwarten, damit den ersten Hang unsicher zu machen.

Benedikt Auer trägt Klarlack auf die Skier auf + Die selbstgemachten Skier von Benedikt Auer

Text: Benedikt Auer | Fotos: Enno Kapitza

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