Lauter, höher, schriller

Sam Battle ist Entertainer, Musiker, Erfinder, Klangkünstler und Elektriker. Er verwandelt Gameboys in Instrumente, Fahrräder in rollende Synthesizer, alte Spielkonsolen in bizarre Krachmacher. Und verbaut sie dann in riesigen Soundanlagen – wie seinem populärstem Werk: die Furby-Orgel. Im Interview verrät er, wie es zu all dem kam und was ihn motiviert.

Lauter, höher, schriller

Sam Battle, 27, ist in echt genauso wie in seinen YouTube-Clips: Er quasselt, zappelt, macht unentwegt Spässe. Er hat wildes, rotblondes Haar, trägt eine Sicherheitsnadel als Ohrring. Zehntausende Fans schauen zu, wenn der Engländer für seinen YouTube-Kanal «Look Mum No Computer» abgedrehte Projekte baut, auf die sonst niemand kommt.

Sein populärstes Werk: Eine Heimorgel, bei der 44 Furbys den Ton angeben. Furbys, das sind die 90er-Jahre Elektro-Plüschtiere mit eigener Sprache. In seinem Studio in East London drückt Sam auf den Knopf «Kollektives Erwachen». Und da krähen, fiepen und jaulen sie alle los, die Flauschroboter. Sie quietschen im Chor, je nach Tastenschlag lauter, höher und schriller, wackeln dazu gleichzeitig mit den Ohren.

Hornbach-Video

MACHER: Wie kommt man auf die bescheuerte Idee, aus Furbys eine Heimorgel zu bauen?

Sam Battle: Schwer zu sagen. Vielleicht weil ich als Kind kein Furby haben durfte. Dieses Trauma ist wohl hochgekommen. Herrlich schwachsinnig, oder?

Allerdings. Warum überhaupt so ein Ding konstruieren?

Wie bei allen meinen selbst gebauten Instrumenten muss die Frage eher lauten: Warum nicht?

Dein YouTube-Video zur Furby-Orgel ist ein Hit, mehr als drei Millionen mal wurde es angeschaut.

Ich liebe es, wenn ich mit meinen Projekten so viele Leute zum Lachen und Staunen bringen kann. Einige haben mir sogar ihre alten Furbys dafür gespendet.

Ich liebe heisse Sachen – und arbeite an sehr vielen Schaltkreisen.»

Sam Battle

Du baust auch andere verrückte Instrumente. Wie kam es dazu?

Vor acht Jahren wurde ich Musikproduzent. Einen Drumcomputer konnte ich mir nicht leisten. Also habe ich alte Konsolen ausgeschlachtet, neu zusammengelötet und mir selbst einen gebaut. Das fertige Teil zu sehen, war ein unvergessliches Gefühl. Ich war angefixt. Auf eBay kaufte ich alte Gameboys und schraubte aus ihnen einen dreifachen Oszillator. Damit entstehen Sounds, mit denen ich elektronische Musik komponiere.

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				In Sam Battles Studio in East London entstehen seine wilden Kreationen, darunter seine Furby Orgel

    Geburtsstätte der Furby-Orgel: Sams Studio in East London

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				Der britische Erfinder, Musiker und Künstler Sam Battle fertigt eine grobe Skizze an, bevor er seine verrückten Instrumente baut

    Vor dem Zusammenbauen: Grobe Skizze erstellen

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				Sam Battle ist keine Idee zu verrückt: Der britische Künstler baute Musikinstrumente alle Art, darunter auch eine Furby Orgel

    Ein irrer Zirkus: Aus Furby mach Orgel

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				Der britische Künstler und Erfinder liebt es, aus Elektroschrott etwas Neues zu erschaffen

    Sams Berufung: Aus Elektroschrott etwas Neues erschaffen

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				Der britische Musiker und Erfinder Sam Battle baut Neues aus Elektroschrott: Er schlachtet zum Beispiel alte Konsolen aus, lötet sie neu und baut sie zu etwas Neuem zusammen

    Konsolen ausschlachten, neu löten und zusammenbauen

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				Sam Battle, britischer Künstler und Erschaffer der Furby Orgel, liebt es, sich ausgefallene Projekte auszudenken und zusammenzubauen – monotone Fleissarbeit liegt ihm aber gar nicht

    Sam liebt Herausforderungen – und hasst Monotonie

Improvisierst Du auch beim Werkzeug?

Klar. Das wichtigste Werkzeug ist meine Zunge. Mit der teste ich die Spannung. Mein Gefühl ist das beste Messgerät. Die Schere meines Schweizer Taschenmessers ist genial, um Drähte zu schneiden. Unverzichtbar ist auch der Lötkolben. Ich liebe heisse Sachen – und arbeite an sehr vielen Schaltkreisen.

Woher kommt Dein Wissen über Elektrotechnik?

Mein Vater hatte einen schweren Unfall und wurde früh arbeitsunfähig. So wurde er Vollzeit-Heimwerker. Er hat sogar mal einen kaputten Mini gekauft und repariert. Das war dann unser Auto. Von ihm habe ich einiges an technischem Know-how gelernt.

Hornbach-Video

Du warst also schon als Kind ein Heimwerker?

Ich wollte immer wissen, wie Geräte funktionieren. Als Kind habe ich mal das kaputte Bügeleisen meiner Mutter aufgeschraubt, den Staub entfernt und schon ging es wieder. Da war ich irre stolz.

Trotzdem bist Du kein Techniker, sondern Musiker geworden.

Meine Schwester sollte Gitarrespielen lernen, war aber zu faul. Also habe ich mir die Klampfe geschnappt, rumprobiert, irgendwann hatte ich den Dreh raus. Später habe ich auch Klavier und Schlagzeug gelernt. Heute schreibe ich Songs für andere Bands oder für Computerspiele, wie etwa Fifa 15. Mein YouTube-Kanal bekommt auch immer mehr Fans. Dieses Jahr gehe ich mit meiner DIY-Anlage auf Tour durch Europa, in Berlin und Hamburg war ich schon. Es ist toll, auf einer Bühne den Clown zu machen.

Sam Battle liebt es, vor und hinter der Kamera den Clown zu spielen – und seine ausgefallenen Musikinstrumente zu bauen
Sams Berufung: den Clown spielen und heisse Sachen bauen

Und was liebst Du am eher stillen Bauen?

Aus Elektroschrott etwas Neues erschaffen, das erfüllt mich. Aber es ist auch anstrengend. Ich neige dazu, Projekte aufzuschieben. Monotone Arbeit fällt mir schwer.

Was meinst Du genau?

Bei der Furby-Orgel habe ich zwei Wochen lang Tag und Nacht geschraubt. Jedes Tier einzeln zu verkabeln, das ist sehr stupide. Ich langweilte mich furchtbar. Aber es war, wie einen Gipfel zu besteigen. Es ist anstrengend, aber oben bist du glücklich über das Geleistete.

Was war bislang Dein verrücktester Auftritt?

Neulich war ich mit der Furby-Orgel in einer spanischen TV-Show zu Gast. Antonio Banderas war auch da und hat auf der Orgel geklimpert. Der Moderator plapperte hysterisch, ich verstand nur Bahnhof. Das Publikum jubelte, die Furbys kreischten, es war ein irrer Zirkus.

Hornbach-Video

Also genau Dein Ding, oder?

Yeah. Ich habe es geliebt.

Text: Reinhard Keck | Fotos: Olivier Hess

Bitte folgen

Sam Battle hat auf YouTube mehr als 339.000 Abonnenten, die ihn beim Bau seiner verrückten Musikinstrumente begleiten. Dort erfährt man unter anderem, wie man aus Minion-Walkie-Talkies ein voll funktionsfähiges WLAN-System baut.

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